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Zwischenspiel · 10.207 N. G.
Während Jessica in den Privatgemächern der Prinzessin die Geschichte weitererzählte, sah Irulan sie mit offenkundiger Ungeduld und Skepsis an. »All das hat Paul dir erzählt?«
»Ja. Er hielt es für wichtig, dass ich es verstehe, genauso wie es für dich wichtig ist. Nur so kannst du die Wahrheit schreiben.«
»Ich gebe zu, dass es interessant ist, aber ich verstehe immer noch nicht den Sinn des Ganzen. Oder warum du es für so dringlich hältst, mir diese Geschichte zu erzählen. Ich habe schon genug Schwierigkeiten mit den Traditionalisten der Fremen, die glauben, dass die Vergangenheit deines Sohnes ohne Bedeutung ist, dass es nichts gibt, woran es sich zu erinnern lohnt, bevor er Muad'dib wurde.« Ihre glatten Wangen röteten sich. »Nach seinem ersten Sandwurmritt hat Paul es selbst gesagt, und die Fremen zitieren seinen Ausspruch sehr oft: ›Und ich bin jetzt ein Fremen. Geboren am heutigen Tage in der Habbanya-Erg. Vor diesem Tage habe ich nicht gelebt. Ich war ein Kind, bis zum heutigen Tage.‹«
Jessica presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. »Paul hat vieles zu den Fremen gesagt, aber er kam nicht als Neugeborener nach Arrakis. Ohne die ersten fünfzehn Jahre seines Leben hätte er niemals zu Muad'dib werden können.«
Irulan beugte sich vor und spielte mit einer Locke ihres goldenen Haars, als ihr eine Idee kam. »Ich habe bereits darüber nachgedacht, einen Ergänzungsband zu meinen biographischen Schriften zu verfassen, der sich an ein jüngeres Publikum wendet. Vielleicht Die Kindheitsgeschichte des Muad'dib. Alia sagt, es sei notwendig, die Jugend zu indoktrinieren, damit schon die Kinder Muad'dib verehren.« Ihren Worten war die Missbilligung deutlich anzuhören. »Ja, das Abenteuer von Paul und Bronso könnte ich in dieses Buch aufnehmen ... und es ist sehr unterhaltsam. Es ist gut, Paul bei heldenhaften Taten zu erleben, ihn als treuen und ehrenhaften Freund zu sehen.« Sie runzelte die Stirn. »Aber ich verstehe nicht, inwiefern es relevant für die Imperiale Regentschaft ist, die das Vermächtnis von Pauls Herrschaft und seinem Djihad darstellt. Nur das ist wichtig.«
Jessica hob das Kinn und senkte ihre Stimme zu einem Flüstern, als sie sich plötzlich wieder darum sorgte, dass unsichtbare Spione in der Zitadelle ihr Gespräch belauschen könnten. »Hast du nicht begriffen, was ich dir gerade erzählt habe? Was glaubst du, wo Paul gelernt hat, Massen in seinen Bann zu schlagen, viele Menschen mit der Macht seiner Persönlichkeit zu beeindrucken? Er benutzte die Techniken der Jongleurs, nicht nur bei Theatervorführungen, sondern auch bei den Fremen und schließlich bei der Bevölkerung des gesamten Imperiums!«
»Aber ...«
Lady Jessica hob einen Finger, um ihre Worte zu unterstreichen. »Und nun scheint es, dass Bronso von Ix seine Erfahrungen anwendet, um die gegenteilige Botschaft zu verbreiten.« Trotz Irulans offensichtlicher Verblüffung ließ Jessica nicht locker. »Hab Geduld. Hör dir auch den Rest der Geschichte an.«